Die wichtigsten Fakten zum Thema Gutachten
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Sie sind einer von sieben allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Ihres Fachbereichs in Wien. Seit wann gehen Sie dieser Tätigkeit nach?
Ich bin seit 2013 Sachverständiger für die Bereiche Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie, insbesondere für Hand- und Nervenchirurgie. Die Zertifizierung ist immer fünf Jahre lang aufrecht und ich habe sie kürzlich erneuert.
Mit welchen Aufgaben ist diese Tätigkeit verbunden?
Ich fungiere als medizinischer Sachverständiger oder Gutachter, werde also beispielsweise von Gerichten, Versicherungen oder Privatpersonen um meine Expertise gebeten. Dabei kann es sich um Operationen handeln, die nach Meinung der Patienten nicht lege artis, also nach den Regeln der ärztlichen Kunst, durchgeführt wurden, aber auch um Verletzungsfolgen, die z.B. die Arbeitsfähigkeit Betroffener einschränken und von Versicherungen oder Arbeitgebern nicht anerkannt werden. Des Weiteren werden Schmerzperioden durch Sachverständige eingeschätzt. Meistens handelt es sich um zivilrechtliche Belange, in seltenen Fällen werden strafrechtliche Fälle behandelt.
Das heißt, Sie beurteilen den Zustand der Betroffenen oder Patienten?
Genau. Sie wenden sich entweder direkt an mich oder ich werde als Sachverständiger vom Gericht bestimmt. Außerdem werde ich sehr oft von Anwälten beauftragt. Liegt meinerseits kein Interessenskonflikt vor, übernehme ich den Fall. Zu diesem Zweck prüfe ich sämtliche Unterlagen und bestelle denjenigen oder diejenige zur Begutachtung in meine Ordination ein. Nach einem ausführlichen Gespräch folgt eine körperliche Untersuchung. All das wird genau dokumentiert.
Welche Kriterien spielen für ein Gutachten eine Rolle?
Je nach Stand der Dinge bzw. Fall erhebe ich den Gesundheitszustand und Vorerkrankungen, schaue mir mögliche Folgen einer Fehlbehandlung an und untersuche die Patienten auf Schäden oder seltener auf Behandlungsfehler. Des Weiteren muss ich ermitteln, ob Betroffene umfassend aufgeklärt wurden und ob es sich tatsächlich um einen Behandlungsfehler oder ein subjektiv empfundenes unbefriedigendes Ergebnis handelt.
Müssen Sie Ihre Ergebnisse auch vor Gericht erörtern?
Durchaus. Wenn es zur Verhandlung kommt und ein schriftliches Gutachten allein nicht ausreicht, bin ich verpflichtet, meine Ergebnisse verständlich und schlüssig darzulegen und bei Bedarf Fragen zu beantworten.
Mit welchen Anliegen wendet man sich beispielsweise an Sie als Gutachter?
Das ist ganz unterschiedlich. Eine Patientin hatte zum Beispiel nach einem Unfall Probleme im Bereich ihrer Hand, da das Daumensattelgelenk in Mitleidenschaft gezogen worden war, und konnte ihren Beruf nicht mehr vollständig ausüben. Dies musste im Rahmen eines Gutachtens medizinisch bewiesen werden. Ich erstelle allerdings nicht nur Gutachten zu hand- oder nervenchirurgischen Problemen, wie der Fall eines jungen Mannes zeigt, der sich einer Penisvergrößerung unterzogen hatte und mit dem Ergebnis unzufrieden war.
Was gefällt Ihnen an dieser Tätigkeit?
Als Gutachter muss ich neutral bleiben und objektiv bewerten. Ich kann meine Expertise einbringen, mich weiterentwickeln. Das ist mir nicht nur in praktischer Hinsicht ein Anliegen, sondern auch im theoretischen Bereich. Die Arbeit eines Sachverständigen ist abwechslungsreich und spannend. Sie gibt mir die Möglichkeit, die Perspektive zu wechseln und Betroffenen auf Basis meiner Erfahrungen zu helfen.
Verfasst von Mag. Sonja Streit