Die wichtigsten Fakten zum Thema Nervenchirurgie
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Was versteht man unter Nervenchirurgie?
Die Form der Nervenchirurgie, auf die ich spezialisiert bin, bezieht sich auf das periphere Nervensystem. Das heißt, ich kümmere mich um jene Nerven, die außerhalb des Gehirns und Rückenmarks verlaufen und nicht zum Zentralnervensystem gehören, das eine Domäne der Neurochirurgie ist.
Sie haben vor einigen Jahren das 1. Wiener Nervenschmerz Zentrum gegründet. Was hat es damit auf sich?
Die Idee war, Menschen mit chronischen Schmerzen eine Anlaufstelle zu bieten und ihnen bestmöglich zu helfen. Wir arbeiten interdisziplinär und bieten von der Diagnosestellung bis hin zur patientenorientierten Versorgung alles unter einem Dach.
Das heißt, in Ihrer Ordination sind Schmerzpatienten an der richtigen Adresse?
Richtig, wobei natürlich unterschieden werden sollte, welchen Ursprung die Schmerzen haben. Bandscheibenvorfälle können wir zum Beispiel nicht therapieren, da die in einen anderen Fachbereich fallen. Besteht allerdings der Verdacht, dass das periphere Nervensystem betroffen sein könnte oder ist die Symptomatik eindeutig, empfiehlt sich eine Konsultation bei uns.
Wie gestaltet sich der Weg eines Patienten?
In der Regel ist zunächst ein hochauflösender Ultraschall empfehlenswert. Mit Hilfe dieses Diagnosetools lässt sich millimetergenau feststellen, ob ein peripherer Nerv als Schmerzursache erkennbar ist und was ihm fehlt. Kommt der Patient zuerst zu mir, stehen mir einige klinische Tests zur Verfügung, die in Kombination mit meiner jahrelangen Expertise Aufschluss darüber geben können, ob der Patient von neuropathischen Schmerzen betroffen ist.
Was geschieht nach der Diagnosestellung?
Wurde das periphere Nervensystem eindeutig als „Übeltäter“ identifiziert, wird – je nach Ursache und Lokalisation – konservativ oder chirurgisch behandelt. Ich operiere nur jene Patienten, die beim Ultraschall waren und eindeutig von einer Operation profitieren würden.
Wie stellen Sie fest, ob ein Patient einen Benefit von einem chirurgischen Eingriff hätte?
Mittels Testblockade. Diese gleicht einer Spritze beim Zahnarzt und hat das Ziel, den Schmerz über Stunden auszuschalten oder zu reduzieren. Unsere Patienten führen nach der Injektion genau Buch darüber, wie es ihnen danach erging. Ist jemand beispielsweise zwei Stunden lang komplett schmerzfrei, lässt das darauf schließen, dass die Operation ihm nachhaltig helfen kann.
Welche Symptome lassen darauf schließen, dass man von Nervenschmerz bzw. neuropathischen Schmerzen betroffen ist?
Das ist ganz unterschiedlich. Elektrische Missempfindungen, Kribbeln, Taubheit oder ein Stechen sprechen dafür. Bei manchen Nerveneinengungssyndromen kommt Nachtschmerz dazu, die Betroffenen haben das Bedürfnis, den Arm oder das Bein auszuschütteln oder verspüren starke Schmerzen in den Fingern oder Zehen. Es kommt immer darauf an, welcher Nerv betroffen ist und wo sich die Problemstelle befindet. Da Nerven Muskeln mit Impulsen versorgen, kann die Muskulatur in fortgeschrittenen Stadien zugrunde gehen.
Ist diese Schmerzform permanent oder äußert sie sich nur zeitweise?
Auch das ist individuell verschieden. Sie können plötzlich einschießen, in Ruhe auftreten oder sich bei Belastung äußern. Manche Patienten spüren sie nur zeitweise, andere sind ständig damit konfrontiert. Bei weiblichen Patienten spielt der Hormonstatus eine Rolle, je nach Zykluszeitpunkt spüren sie die Schmerzen mitunter stärker. Des Weiteren können Schwangerschaften oder Erkrankungen Nervenschmerzen auslösen oder verstärken.
Verfasst von Mag. Sonja Streit