Die wichtigsten Fakten zum Thema Rhizarthrose
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Was versteht man unter einer Rhizarthrose?
Unter einer Rhizarthrose oder Daumensattelgelenksarthrose versteht man eine Erkrankung jenes Gelenks, das als Verbindung zwischen dem ersten Mittelhandknochen mit der Handwurzel an der Daumenbasis gilt. Bei Arthrose handelt es sich um eine Gelenkabnutzung bzw. unheilbare degenerative Gelenkerkrankung, die zu einem Abbau des Knorpels führt und die im Falle der Hand meist das Daumensattelgelenk betrifft.
Was sind die Folgen?
Zum einen Schmerzen, da der Knorpelabbau im fortgeschrittenen Stadium damit einhergeht, dass Knochen an Knochen reibt. Das kann jedes Gelenk betreffen und ist mit Gelenkschmerzen vergesellschaftet. Zum anderen ist der Daumen mit Bewegungseinschränkungen konfrontiert. Für unsere Hände ist eines ganz entscheidend: Die Oppositionsfähigkeit des Daumens. Damit ist die Möglichkeit gemeint, dass wir mit dem Daumen den so genannten Pinzettengriff durchführen können, also in der Lage sind, dem Daumen die Kuppen der Langfinger, vor allem Mittel-, Ring- und Kleinfinger gegenüberzustellen. Er ist im Vergleich zu unseren Fingern wesentlich beweglicher und steht für Stabilität. Sind seine Fähigkeiten eingeschränkt, wirkt sich das auf die gesamte Greiffunktion der Hand aus.
Wer ist davon betroffen?
Wenngleich es sich um die häufigste Arthrose der Hand handelt, sind Frauen diesbezüglich klar im Nachteil. Sie müssen sich wesentlich häufiger mit der Diagnose Rhizarthrose auseinandersetzen als Männer.
Wie wird diese Erkrankung diagnostiziert?
Viele Patienten berichten von Schmerzen, wenn sie zwischen Daumen und Zeigefinger den Spitzengriff durchführen. Außerdem besteht ein Druckschmerz oberhalb des Daumensattelgelenks sowie Schmerzhaftigkeit, wenn mit dem Daumen Rotationsbewegungen durchgeführt werden. Nicht selten fühlt sich der Daumen nicht mehr stabil und wackelig an. Ein Röntgen gibt Aufschluss darüber, wie sich die Situation des Daumensattelgrundgelenks darstellt.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Arthrose ist bedauerlicherweise nicht heilbar – wir können lediglich ihr Fortschreiten verlangsamen. Im Falle der Rhizarthrose kann eine Schienentherapie hilfreich sein und die Schmerzen lindern. Außerdem haben sich entzündungshemmende Medikamente und Kortisoninjektionen in schmerzende Gelenke als hilfreich erwiesen. Diese helfen auch gegen Kapselschwellungen, mit denen die Rhizarthrose vergesellschaftet ist. Die Erkrankung ist zwar nicht entzündlich, aber da der Knorpelstoffwechsel gestört ist, kommt es auch zu Umbauprozessen im gelenknahen Knochengewebe. Der Körper reagiert mit Reparaturversuchen in Form von Ersatzgewebe, was einen chronischen Entzündungsprozess zur Folge hat. Immer wiederkehrende Gelenkergüsse sind die Folge, die zu einer Dehnung der Gelenkkapsel führen. Sind die genannten Maßnahmen nicht von Erfolg gekrönt, sollte operiert werden.
Ist in jedem Fall eine große Operation erforderlich?
Neuerdings nicht mehr. Vor kurzem wurde eine Methode entwickelt, die eine Eigenfetttransplantation in das von Arthrose betroffene Gelenk vorsieht. Dafür wird Fett von einer beliebigen Körperregion abgesaugt, aufbereitet und in den Gelenkspalt injiziert, was eine Schmerzreduktion nach sich zieht. Diese Methode empfiehlt sich für frühe Stadien, kann in Lokalanästhesie durchgeführt werden, geht mit einem niedrigen Infektionsrisiko einher, ist wiederholbar und benötigt keine wochenlange Rehabilitation. Man sollte lediglich fünf Tage Ruhe geben. Ein weiterer Vorteil ist, dass auch nach mehrmaliger Eigenfetttransplantation die große Operation weiterhin durchgeführt werden kann.
Was wird im Rahmen der großen Operation gemacht?
Ich bevorzuge die Technik nach Wulle, die eine bessere Kraftentfaltung des Daumens gewährleistet. Der Arm wird mittels Regionalanästhesie in Schlaf versetzt, damit ich über dem Daumensattelgelenk streckseitig schneiden kann. Als Nervenchirurg ist mir natürlich bewusst, dass ein sensibler Ast des Nervus radialis beim Entfernen des großen Vieleckbeins, bei dem es sich um einen der acht Handwurzelknochen handelt, unbedingt geschont werden muss. Durch die Entfernung entsteht ein kleiner Hohlraum, in den ich die Hälfte der Daumenstrecksehne unter der beugeseitigen Sehne des Handgelenks durchführe. Danach vernähe ich die Strecksehne mit der beugeseitigen Sehne und mit sich selbst. Die entstandene Sehnenschlinge verhindert, dass der erste Mittelhandknochen nach unten rutscht und bewirkt die Stabilisierung des Daumensattelgelenks.
Das heißt, die Hand verliert zwar einen ihrer 27 Knochen, das wirkt sich aber nicht auf ihre Funktionalität aus?
Genau. Vielmehr ist der Patient nach einiger Zeit endlich schmerzfrei und kann den Daumen wieder vollumfänglich benutzen. Natürlich muss dies im Rahmen einer speziellen Physiotherapie erlernt werden. Die Hand wird nach der Operation ca. sechs Wochen ruhiggestellt, da die Sehne in Ruhe einheilen muss. Ich kann nie garantieren, dass die Hand nach Operation und Physio wieder wie vor Beginn der Erkrankung wird, aber die Lebensqualität verbessert sich nach dem Eingriff in hohem Maße. Selbstverständlich stellt sich der Idealfall so dar, dass unsere Hände möglichst gesund bleiben und keinerlei chirurgische Eingriffe benötigen, aber leider entspricht das oftmals nicht der Realität.
Verfasst von Mag. Sonja Streit