Die wichtigsten Fakten zum Thema Sulcus nervi ulnaris Syndrom (SNUS)
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Was versteht man unter einem Sulcus nervi ulnaris Syndrom?
Bei diesem Syndrom, das auch Kubitaltunnelsyndrom oder Ulnarisrinnensyndrom genannt wird, handelt es sich um das zweithäufigste Nervenkompressionssyndrom nach dem Karpaltunnelsyndrom. Anders als beim CTS betrifft es den Ellbogen und nicht die Hand bzw. den Nervus ulnaris und nicht den Nervus medianus. Uns allen ist der Nervus ulnaris als „Narrisches Bein“ nur allzu bekannt. Er verläuft am innenseitigen Ellbogengelenk im Sulcus nervi ulnaris, einer knöchernen Rinne, die von einem kräftigen Band bedeckt wird, und ist gegen Einflüsse von außen relativ ungeschützt.
Das heißt, der Nervus ulnaris ist jener Nerv, der sich meldet, wenn man sich das „Narrische Bein“ oder den „Musikantenknochen“ stößt?
Genau. Was aufgrund eines Stoßes oftmals nur Sekunden anhält, ist im Falle eines vorliegenden SNUS immer wieder oder permanent zu spüren. Wird der Nervus ulnaris an dieser Stelle eingeengt, wirkt sich das auf den Ellbogenbereich aus und kann bis in die Hand strahlen. Klein- und Ringfinger können kribbeln und taub werden, es treten Schmerzen auf, die sich auch am Handrücken manifestieren können, und die Muskelkraft kann nachlassen. Die Handbinnenmuskulatur ist besonders betroffen, weshalb man das Syndrom möglichst zeitnah behandeln sollte.
Wie entsteht dieses Syndrom?
Zum einen durch Bagatellverletzungen oder Traumata, zum anderen durch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus. In manchen Fällen ist der Grund für die Entstehung eines Nervenkompressionssyndroms nicht nachvollziehbar. Es gibt drei mögliche Engstellen: Die sogenannte Struther-Arkade, die sich einige Zentimeter oberhalb des Ellbogens befindet, und wo ein Bindegewebsstrang den Nerv einengen kann. Das ist allerdings relativ selten. Des Weiteren kann der Nerv dort eingeengt sein, wo er in die Unterarmmuskulatur eintritt. Am häufigsten ist er allerdings in der erwähnten Knochenrinne Sulcus ulnaris eingeengt, da er dort relativ wenig Platz hat und in direktem Kontakt mit dem Knochen steht. Periphere Nerven mögen es eher weich und „gemütlich“. Auf harte oder feste Strukturen, die sie tangieren, reagieren sie beleidigt.
Welche Diagnosemöglichkeiten stehen zur Verfügung?
Besteht ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen, das sich bei Beklopfen des Nervenversorgungsgebietes in Form von Missempfindungen darstellt, ist das ein erster Hinweis. Des Weiteren kann man einen sogenannten Froment-Test durchführen. Dabei hält der Patient ein Blatt Papier zwischen Daumen und Zeigefinger, während der Untersucher versucht, es wegzuziehen. Ist die Muskulatur intakt, ist der Patient im Stande, das Papier festzuhalten. Eine bestehende Krallenhand gilt ebenfalls als Indiz. Untermauert wird der Verdacht mittels neurologischer elektrophysiologischer und elektromotorischer Untersuchung und mit Hilfe eines hochauflösenden Ultraschalls. Möchte man knöcherne Veränderungen ausschließen, empfiehlt sich außerdem ein Röntgen.
Wie wird das Sulcus nervi ulnaris-Syndrom behandelt?
Im Anfangsstadium kann man es mittels Nachtlagerungsschiene versuchen. Das führt allerdings in den seltensten Fällen zu einer Besserung. Der Nervus ulnaris ist für die Handbinnenmuskulatur von entscheidender Bedeutung und darf keinesfalls zu lange einer Einengung ausgesetzt sein, da er sonst irreparabel geschädigt wird. Deshalb empfiehlt sich eine Operation, die der Spaltung und Beseitigung jener Strukturen dient, die den Nerv einengen. Zum einen werden Dach und Muskelfasern gespalten, zum anderen bei Bedarf Bindegewebe entfernt, damit der Nerv nicht länger irritiert wird und sich wieder frei bewegen kann. Mitunter ist eine Verlagerung des Nervs indiziert.
Wird der Arm nach der Operation ruhiggestellt?
Ruhigstellung ist nach einem operativen Eingriff am peripheren Nervensystem in den seltensten Fällen eine gute Idee. Nerven müssen permanent gleiten, was nur gewährleistet ist, wenn man auch nach einer Operation in Maßen bewegt. Ich plädiere dafür, die betroffene Extremität möglichst dick und weich einzupacken, statt mit Gips oder Schiene zu arbeiten. Die Patienten müssen nach einer solchen Operation mitarbeiten – das heißt, Schonung, aber keine Ruhigstellung, Bewegung, aber keine Übertreibungen. Der Nerv meldet sich, wenn es zu viel wird. Kühlen und Hochlagern sind nach solchen Eingriffen das Um und Auf, vollständige Ruhigstellung aber kontraproduktiv. Ist eine Physiotherapie empfohlen, sollte diese regelmäßig stattfinden und auch zu Hause durchgeführt werden.
Verfasst von Mag. Sonja Streit