Die wichtigsten Fakten zum Thema Tarsaltunnelsyndrom
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Was versteht man unter einem Tarsaltunnelsyndrom?
Das Tarsaltunnelsyndrom, kurz TTS, gilt als Pendant zum Karpaltunnelsyndrom in der Hand. Wir unterscheiden zwischen einem hinteren Tarsaltunnelsyndrom und einem vorderen Tarsaltunnelsyndrom, wobei das hintere häufiger auftritt als das vordere. Es geht mit Schmerzen und Gefühlsstörungen im Fuß einher, die bis in den Oberschenkel ausstrahlen können.
Worum genau handelt es sich bei einem hinteren Tarsaltunnelsyndrom?
Im Fuß gibt es einen sogenannten Tarsaltunnel, in dem der Schienbeinnerv Nervus tibialis verläuft, und der sich hinter dem Innenknöchel befindet. Ist dieser Nerv oder einer seiner Äste gereizt oder von einer Druckschädigung betroffen, kommt es zu dieser Form eines Nervenkompressionssyndroms.
Und was versteht man unter einem vorderen Tarsaltunnelsyndrom?
Das entsteht auf dem Fußrücken oder im Bereich des Sprunggelenks. In diesen Bereichen kann der Nervus peroneus profundus oder der Nervus fibularis profundus eingeengt sein, weshalb man auch vom Fibularis-Syndrom spricht. Der Nerv befindet sich unter einem festen Band, dem Retinaculum extensorum inferius, das auch Ligamentum cruciforme genannt wird und kann von diesem, aber auch vom kurzen Großzehenstrecker, dem Musculus extensor hallucis brevis, eingequetscht werden.
Wenn wir jetzt von einem bestehenden hinteren TTS ausgehen – wie äußert sich das?
Das ist unterschiedlich. Von brennenden Schmerzen, Lähmung der kurzen Fußmuskulatur, Sensibilitätsstörungen, Taubheitsgefühl bis hin zu Ruheschmerz kann alles gemeinsam oder vereinzelt auftreten. Manche Patienten haben diese Probleme nur bei körperlicher Aktivität, andere in Ruhe oder permanent. Die betroffenen Areale können von den Zehenspitzen bis in den Oberschenkel reichen. Die Zehen können einschlafen, das Fußgewölbe, die Fußsohle und die Innenseite der Ferse brennen oder der Fuß komplett taub werden.
Wie entsteht dieses Nerveneinengungssyndrom?
Zum einen kann es durch Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder rheumatoide Arthritis entstehen, zum anderen nach Brüchen, Bänderrissen und Sehnenverletzungen oder aufgrund einer Fußfehlstellung. Falsches Schuhwerk kann ebenfalls dafür verantwortlich zeichnen. Außerdem ist das TTS mitunter mit Schwellungen des Sehnengleitgewebes, der Sehnen oder des Nervs selbst vergesellschaftet oder Phänomenen wie Gelenkausstülpungen, Tumoren, Krampfadern oder Ganglien geschuldet.
Kann man es zweifelsfrei diagnostizieren?
Es gibt Mediziner, die die Existenz des TTS anzweifeln. Nachdem uns heutzutage aber der hochauflösende Ultraschall zu Verfügung steht, dem nichts entgeht, lässt sich das Tarsaltunnelsyndrom zweifelsfrei feststellen. Ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen, das sich in Form von elektrischen Sensationen bei Beklopfen des betroffenen Nervenversorgungsgebietes äußert, ist das erste Indiz für die Diagnosestellung. Mittels Bildgebung können wir feststellen, ob eine Raumforderung, z.B. ein Ganglion für die Nervenirritationen verantwortlich zeichnet. Der Tarsaltunnel ist extrem eng, weshalb der Nerv nichts toleriert, was ihn noch enger macht.
Wie wird das Tarsaltunnelsyndrom therapiert?
Zunächst einmal sollte man es konservativ versuchen, z.B. mittels Physiotherapie, Ruhigstellung oder steroidalen Antirheumatika. Wird es nach sechs bis acht Wochen nicht besser, sollte man operieren. Dabei wird oberhalb des Fußinnenknöchels an diesem vorbei Richtung Fußsohle geschnitten, das Dach im Tarsaltunnel freigelegt, gespalten und der darunterliegende Nerv bei Bedarf von Gewebe befreit. Diese Methode nennt sich Neurolyse und gibt dem Nervus tibialis die Möglichkeit, sich wieder freier zu bewegen.
Wie geht es nach einer Operation weiter?
Es darf keinesfalls eine Ruhigstellung erfolgen. Man sollte zwar zwei bis drei Wochen an Krücken gehen und eine Physiotherapie machen, aber Bewegung in Maßen ist unmittelbar nach der Operation unbedingt erforderlich. Der Nerv darf nicht verkleben und muss gleiten, was nur dann gewährleistet ist, wenn der Patient den Fuß belastet.
Verfasst von Mag. Sonja Streit