Die wichtigsten Fakten zum Thema Transgender Surgery
DR. VEITH MOSER IM EXPERTENINTERVIEW
Was versteht man unter Transgender Surgery?
Dieser Begriff steht für geschlechtsangleichende Operationen, die durchgeführt werden, wenn ein Mensch im „falschen Körper“ geboren wird. Es handelt sich bei Transsexuellen um Männer und Frauen, die ihre primären und sekundären Geschlechtsmerkmale als jene eines Körpers betrachten, der nicht zu ihnen gehört. Frauen nehmen sich als Männer wahr und Männer als Frauen. Das ist keine fixe Idee, die plötzlich entsteht, sondern eine Tatsache. Ich betreue mittlerweile seit über 16 Jahren solche Patienten und weiß, mit welchem Leidensdruck Transsexuelle konfrontiert sind.
Das heißt, Transsexuelle möchten ihr biologisches Geschlecht ändern, weil sie sich diesem nicht zugehörig fühlen?
Richtig. Im Unterschied zu Transgender-Personen, die ihr Identitätsgeschlecht zwar ausleben, ihren Körper aber nicht operativ verändern lassen. Das wird häufig verwechselt. Ein Mann, der Frauenkleider trägt, wie das bei Travestiekünstler und Drag Queen Olivia Jones oder der Kunstfigur Conchita Wurst der Fall ist, ist nicht zwangsläufig transsexuell. Wer sein biologisches Geschlecht ändern lassen möchte, durchläuft einen langen Prozess, bis er die Diagnose Transsexualismus bzw. Geschlechtsdysphorie erhält. Es handelt sich um einen oftmals schweren Weg. Viele Transsexuelle nehmen sich schon früh als transsexuell wahr, doch nicht alle haben den Mut, sich jemandem anzuvertrauen oder es laut auszusprechen. Nicht selten wird das jahrelang verdrängt.
Welche Eingriffe können Sie transsexuellen Patienten anbieten?
Da ich Operationen aus dem Bereich Transgender Surgery nur im Privatspital durchführe, mache ich keine großen geschlechtsangleichenden Eingriffe – also keinen Penoid-Aufbau und keine Neovagina. Es handelt sich dabei um Eingriffe mit einem nicht unbeträchtlichen Risiko, weshalb ich denke, dass diese nicht in einem Privatspital stattfinden sollten. Ich führe Mastektomien durch, bei denen ich Transmännern die Brüste abnehme. Diese kann bei Bedarf mit einer Gebärmutter- und Eierstock- sowie Eileiterentfernung kombiniert werden, die ein erfahrener Gynäkologe mittels Bauchspiegelung durchführt. Des Weiteren setze ich, wenn gewünscht, Hodenimplantate, nachdem der Penoidaufbau bereits durchgeführt wurde. Bei Transfrauen führe ich einen Brustaufbau durch bzw. setze ich Brustimplantate ein und führe bei beiden Personengruppen Narbenkorrekturen durch, z.B. wenn sie die großen Operationen schon durchlaufen haben und Korrekturen vonnöten sind.
Ist das Alter für das Ergebnis solcher Operationen entscheidend?
Je früher mit der Hormontherapie begonnen wird, desto zufriedenstellender wird das Ergebnis – in jedem Bereich. Leider lassen die Umstände eine frühzeitige Therapie nicht immer zu, weshalb sich manche Transsexuelle erst spät für eine Angleichung entscheiden. In erster Linie geht es darum, dass sich die Patienten nach den Eingriffen wohl fühlen und mit ihrer neuen Geschlechtsidentität im Reinen sind. Wünschenswert wäre natürlich, dass jeder, der transsexuell ist, verständnisvolle Bezugspersonen ins Vertrauen ziehen und entsprechend agieren kann.
Nachdem Spitäler mit dafür notwendigen Abteilungen in Österreich mittlerweile rar gesät sind: Wird es Ihrer Meinung nach in Zukunft genügend Chirurgen geben, die geschlechtsangleichende Operationen anbieten können?
Ich fürchte nicht. Es handelt sich um eine „aussterbende Kunst“, die in anderen Ländern deutlich mehr gepflegt wird. Ich hatte das große Glück, meine Expertise zunächst im AKH und dann im Universitätsspital Zürich zu erlangen. Leider werden große geschlechtsangleichende Operationen irgendwann in Österreich nicht mehr durchführbar sein. Es fehlt einfach an Ärzten und den dafür so wichtigen Gegebenheiten.
Verfasst von Mag. Sonja Streit