Nicht immer stimmt das körperliche Geschlecht mit der Geschlechtsidentität überein – also damit, ob sich der betreffende Mensch als Mann oder Frau empfindet. Disharmonie zwischen Sex/dem biologischen Geschlecht und Gender/dem sozialpsychologischen Aspekt ist grundsätzlich keine Krankheit. Erst im Kontext mit der Umwelt oder der eigenen Reflexion von der Umwelt kommt es zu Symptomen, die ihr einen Krankheitswert geben. Und deshalb spielt die Medizin, in meinem Fall die Chirurgie, eine wesentliche Rolle.
Während der vergangenen 16 Jahre hatte ich bereits, aufgrund meiner Qualifikationen, mit unzähligen Betroffenen Kontakt und konnte somit tiefe Einblicke in ihre Wünsche, Ängste, Sorgen und ihren Leidensdruck gewinnen. Ich habe alle meine PatientInnen ein mehr oder weniger langes Stück des Weges begleitet, kenne jede Etappe, und weiß daher ganz genau, was es bedeutet, zunächst den Schritt des „Outings“ zu setzen, den Weg der Psycho- und Hormontherapie zu ertragen und schließlich auch das Wagnis der Operation(en) einzugehen.
Es handelt sich dabei ja um nicht gerade kleine, einfache und ungefährliche Eingriffe. Sie alle bedürfen besonderer Aufklärung, genauso wie Nachbehandlung und Rehabilitation – ebenso wichtige Aspekte, die besondere Unterstützung fordern. Denn oft kommt es nach der „großen“ Operation der genitalen Anpassung bzw. Angleichung zu einem Ergebnis, welches gerade jene hochsensiblen PatientInnen enttäuscht. Nur ein Arzt der fachlich genau Bescheid weiß und nicht nur die nötige Erfahrung, sondern auch das menschliche Einfühlungsvermögen hat, kann die spezielle Problematik verstehen und mittels kleiner Korrektureingriffe, welche oft auf rein plastisch chirurgischen Prinzipien beruhen, ein sehr ansprechendes und auch funktionell zufriedenstellendes Ergebnis erzielen.
Mir selbst ist die Thematik Transsexualismus (Anmerkung: In Österreich gilt das Recht auf Selbstbestimmung der Geschlechtsidentität. Ist diese gestört, muss derzeit noch die Diagnose F64.0 Transsexualismus nach dem Klassifikationssystem der WHO (ICD-10) eindeutig gestellt werden, um das biologische Geschlecht angleichen lassen zu können. 2019 wurde das ICD-11 vorgestellt, das voraussichtlich 2022 in Kraft tritt. Es soll dazu beitragen eine Depathologisierung zu erreichen und den Begriff Geschlechtsdysphorie als Alternative zu Transsexualismus zu etablieren.) zu einer persönlichen Herzensangelegenheit geworden. Ich bin mir der speziellen Rolle, die die Medizin in diesem Fall spielt, und der Verantwortung, die ich als Arzt dabei trage, voll bewusst. Es ist mir daher ein großes Anliegen allen Suchenden – seien es Betroffene selbst, deren FreundInnen, Verwandte oder einfach allen Aufgeschlossenen und Interessierten – ein Stück Transparenz und Einsicht in die Komplexität der chirurgischen Materie zu geben.
Veith Moser
Sollten Sie Informationen vermissen oder über welche verfügen, die Sie als erwähnenswert und wesentlich erachten, dann bitte kontaktieren Sie mich.
Wenn Sie ein ärztliches Aufklärungsgespräch wünschen, dann ist der beste Zeitpunkt dafür bereits sofort ab Diagnose F 64.0, um den weiteren Behandlungsverlauf bestmöglich planen zu können. Und natürlich zu jedem späteren Zeitpunkt, an dem Sie Hilfe, Information und ärztlichen Beistand brauchen.